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Numerische Strömungsmechanik an Ventilatoren und Anlagen
Autor: Dipl.-Ing. (FH) Roland Magiera, Ventilatorenfabrik Oelde GmbH
Im Strömungsmaschinenbau hat sich CFD innerhalb weniger Jahre zu einem unverzichtbaren Bestandteil bei der Optimierung und Neukonstruktion von Strömungsmaschinen sowie der Behebung von strömungsmechanischen Problemen am Einsatzort entwickelt. Der vorliegende Bericht zeigt sowohl die Grundlagen als auch praktische Beispiele der Strömungssimulation in Verbindung mit Prozessventilatoren auf.
1 Einleitung
Die numerische Strömungsmechanik (engl. CFD für Computational Fluid Dynamics) wird eingesetzt, um technische Strömungen mit numerischen Ansätzen so exakt wie nach dem momentanen Stand der Technik möglich zu berechnen. Dadurch sind weit genauere Aussagen über das Verhalten einer technischen oder natürlichen Strömung möglich als mit den klassischen teilempirischen, versuchsbasierten Ansätzen. Numerische Strömungsmechanik wird im wirtschaftlichen Maßstab seit etwa 1973 ausgehend vom Flugzeugbau eingesetzt. Die zugrunde liegenden partiellen Differentialgleichungen nach Navier-Stokes, die das Strömungsverhalten eines newtonschen Fluides exakt beschreiben, sind seit der ersten Hälfte des 19. Jhd. bekannt. Aufgrund des immensen Rechenaufwandes bei der Lösung dieser Differentialgleichungen (das Strömungsvolumen muss in eine von den auftretenden Strömungsgradienten abhängige Anzahl an kleineren Teilvolumina unterteilt werden, an denen die Gleichungen ansetzen) können diese bei komplizierten Geometrien wie etwa Ventilatoren nur rechnergestützt gelöst werden. Insbesondere gilt dies bei der Simulation instationärer, d. h. zeitlich veränderlicher Strömungszustände, da hier über mehrere zusammenhängende Zeitschritte gerechnet werden muss, um sinnvolle Ergebnisse zu erhalten.
2 Die Mathematik hinter CFD
Der Satz von Gleichungen, die die Prozesse von Moment, Hitze und Massenübertragung beschreiben, ist bekannt als die Navier-Stokes Gleichungen. Diese partiellen Differenzialgleichungen, die im frühen 19. Jahrhundert abgeleitet wurden und keine bekannte allgemeine analytische Lösung haben, können aber numerisch gelöst werden. Zur numerischen Lösung des vorgestellten Gleichungssystems werden die differentiellen Transportgleichungen zunächst durch eine sogenannte Diskretisierung in algebraische Gleichungen überführt. Dazu dient im hier beschriebenen Fall die Finite Volumen Methode, auf der in der Regel Simulationsprogramme im Bereich der numerischen Strömungsmechanik basieren. Bei dieser Methode wird das interessierende Strömungsvolumen mit einem dreidimensionalen Rechengitter ausgefüllt. Die Bestimmung der Verteilung einer Strömungsgröße Φ erfolgt somit an diskreten Rechenpunkten. Auf diese Weise wird die kontinuierliche Verteilung von Φ durch die Φ-Werte an diskreten Stellen dargestellt. Somit wird für jeden, einem einzelnen Kontrollvolumen (Zelle) zugeordneten Rechenpunkt eine algebraische Gleichung (Differenzengleichung) zur Bestimmung der Strömungsgrößen erzeugt. Die Differenzengleichungen an allen Rechenpunkten bilden zusammen ein System von gekoppelten, algebraischen Gleichungen. Dieses Gleichungssystem muss mit einem numerischen Algorithmus gelöst werden. Zur Lösung von algebraischen Gleichungssystemen steht eine Reihe direkter bzw. iterativer Rechenverfahren zur Verfügung.
Mit zunehmender Rechenleistung der verfügbaren Computertechnologie wird der Einsatz der numerischen Strömungsmechanik auch für mittelgroße und kleinere Unternehmen trotz der hohen Anschaffungs- und Wartungskosten der Software sowie des momentanen Mangels an spezialisierten Anwendern zunehmend interessant. Als einer der größten Vorteile der numerischen Strömungsmechanik im Vergleich zu klassischen Prüfstandmethoden ist hier die Möglichkeit zu nennen, jeden beliebigen Bereich innerhalb der simulierten Grenzen detailliert zu betrachten und somit die besonders verlustbehafteten Areale eindeutig zu erkennen und auf Basis dieser Einblicke gezielt zu optimieren. Das Einsatzgebiet der Software erstreckt sich somit von der Entwicklung neuer Produkte über die Optimierung bestehender Baureihen bis hin zur Eingrenzung und Behebung von strömungsmechanischen Problemen am Einsatzort. Das Verständnis für Strömungsphänomene, welches die numerische Strömungsmechanik dem Anwender ermöglicht, ist mit praktischen Versuchen kaum erreichbar bzw. nur noch auf höchstem akademischem Niveau, wobei dann die Kosten- und Zeitfrage neben dem Know-how-Transfer die limitierenden Faktoren darstellen.
Einsatzgebiete finden sich bei Venti Oelde nicht nur im Ventilatoren- sondern auch im Anlagenbau, etwa bei der Optimierung von Leitungsführungen, Kaminen, Filteranlagen, Zyklonen oder der Luftführung bei Recyclinganlagen. Neben Aufgabenstellungen wie der aerodynamischen Optimierung wird die Software Wärmeübergänge bei Venti Oelde auch genutzt, um Mischvorgänge in Kaminen, Wärmeübergänge bei Trocknungsprozessen zu simulieren sowie die von der Strömung auf die Struktur ausgeübten Kräfte bei beliebigen Geometrien zu bestimmen. Diese können dann als Randbedingung für eine strukturmechanische Simulation eingesetzt werden, um die auftretenden maximalen Spannungen oder bei zeitlich veränderlichen Kräften mittels einer Modalanalyse eventuelle Resonanzeffekte zu ermitteln. Dabei bestehen im Gegensatz zum klassischen Versuch keine Einschränkungen bezüglich der Baugröße, Leistungsaufnahme, beliebiger beispielsweise gesundheitsgefährdender Fördermedien und hoher Temperaturen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bei dem momentanen hohen technischen Stand im Strömungsmaschinenbau weitere Verbesserungen fast nur noch mit numerischen Methoden erreichbar sind, da mit steigendem Entwicklungsstand das Verhältnis von Kosten zu Nutzen bei einer Optimierung in aller Regel exponentiell steigt.
3 Durchführung von CFD-Simulationen
Um eine CFD-Simulation durchführen zu können, sind mehrere Arbeitsschritte in der nachfolgend wiedergegebenen Reihenfolge notwendig, wobei Geometriedaten sowie Randbedingungen als bekannt vorauszusetzen sind:
a) Konstruieren
Zu Beginn wird mit Hilfe einer 3D-fähigen CAD-Software ein dreidimensionales Modell der Geometrie erstellt. Dabei ist darauf zu achten, dass bei Strömungssimulationen die durchströmten Bereiche und nicht wie sonst üblich die Struktur als 3D-Geometrie vorliegen müssen. Es wird zunehmend dazu übergegangen, die 3D-Modelle vollständig parametrisiert zu konstruieren (Bilder 1 und 2), um auf diese Weise Änderungen an der Geometrie in kürzester Zeit ausführen zu können, indem lediglich das neue Maß einzugeben ist und sich das gesamte Modell sowie evtl. angrenzende weitere Bereiche dem neuen Maß anpassen.
Bei einer Optimierung wird damit eine bedeutende Zeitersparnis im Vergleich zur sonst fälligen Neukonstruktion erreicht. Dazu werden eine oder mehrere zweidimensionale Skizzen erzeugt, aus welchen dann beispielsweise per Extrudieren, Drehen oder mit Hilfe Boolescher Operationen wie Schneiden oder Verschmelzen dreidimensionale Modelle erzeugt werden.
b) Vernetzen
Im Anschluss an die Konstruktion der notwendigen 3D-Modelle ist ein dreidimensionales Rechengitter zu erstellen, aus dessen Elementen die Kontrollvolumina gebildet werden, an welchen, wie eingangs erwähnt, die partiellen Differentialgleichungen ansetzen, um diese in Matrizenform (entsprechend der Anzahl der Elemente) iterativ zu lösen. In Abhängigkeit von der dabei verwendeten Software hat der Anwender grundsätzlich die Möglichkeit, ein einfach zu generierendes unstrukturiertes Rechengitter (Bild 3) oder aber ein erheblich aufwendiger zu erzeugendes blockstrukturiertes Netz (Bild 4) zu erstellen, wobei letzteres in aller Regel bessere Ergebnisse in einer bei vergleichbarer Strukturauflösung signifikant kürzeren Durchlaufzeit erbringt.
Aufgrund dessen werden bei Venti Oelde von wenigen zeitlich bedingten Ausnahmen abgesehen sämtliche Rechengitter blockstrukturiert erstellt. Dabei ist besonders auf eine ausreichende Auflösung der strömungsdynamischen Grenzschicht zu achten, da beispielsweise Strömungsablösungen immer von der Grenzschicht ausgehen, da Strömung dort neben der Drucksteigerung auch die Wandschubspannung überwinden muss. Die Grenzschicht bei turbulenter Strömung (annähernd alle technischen Strömungen sind turbulent) ist meist nur wenige zehntel Millimeter dick und zeigt auf die Geschwindigkeitsverteilung bezogen einen parabolischen Verlauf (Bild 5). Das Rechengitter in diesem Bereich ist so fein aufzulösen, dass dieser parabolische Verlauf mit ausreichender Genauigkeit wiedergegeben wird, wozu normal zur Wand gesehen zwischen acht und 14 Elemente im Bereich der Grenzschicht notwendig sind (Bild 6).
c) Simulieren
Nachdem das 3D-Modell und im Anschluss daran das Rechengitter erzeugt worden sind, kommt die Simulationssoftware (ANSYS CFX) zum Einsatz. ANSYS CFX besteht aus drei Modulen: ANSYS CFX-Pre (Bild 7) für die Definition der Randbedingungen der Simulation, dem ANSYS CFX Solver Manager (Bild 8), welcher die partiellen Differentialgleichungen iterativ löst bis ein vorgegebenes Konvergenzkriterium erreicht ist, sowie ANSYS CFX Post (Bild 9) für die visuelle und numerische Auswertung der Simulationsergebnisse.
4 Anwendungen
4.1 Optimierung Anströmung Kamin
In diesem Fall wurden nach dem Umbau einer mehrfach verzweigten druckseitigen Zuleitung (Bild 10) zu einem Kamin Schwingungen an einem der Ventilatoren festgestellt, die zur automatischen Sicherheitsabschaltung desselben führten und die vor dem Umbau nicht vorhanden waren. Da somit die Vermutung nahe lag, dass die Schwingungsprobleme von einer nicht optimalen Gestaltung der Zuleitung herrührten, wurde diese mit Hilfe numerischer Strömungsmechanik detailliert untersucht. Der betreffende Kamin ist etwa 70 m hoch, die waagerechte Leitung ist ca. 3 m hoch und 2 m breit und insgesamt etwa 25 m lang. Die erwähnten Schwingungsprobleme betreffen den dem markierten Kanal vorgeschalteten Ventilator. Ursache für die auftretenden Ventilatorschwingungen sind unvorteilhaft ausgelegte Querschnitte. So liegt im waagerechten Teil des Kanals eine Strömungsgeschwindigkeit von ca. 22 m/s an, während im senkrechten, in Bild 10 markierten, Teilstück nur etwa 2 - 3 m/s auftreten. Bei etwa vergleichbaren Querschnitten ist der Strömungsimpuls (Massenstrom x Geschwindigkeit) des von links kommenden Strömungsanteils erheblich größer als der des von unten in den Sammelkanal einmündenden Strömungsanteils. Wie in Bild 11 gut zu erkennen ist, wird damit der Luftstrom, welcher von unten links in den Sammelkanal einströmt, stark eingeschnürt. Dadurch ergeben sich in diesem Zulaufkanal Druckschwankungen von über 250 Pa (Bild 12), die den Ventilator soweit eindrosseln, dass dieser mit erheblich gesteigerten Schwinggeschwindigkeiten darauf reagiert.
Da bei der Verbesserung des beschriebenen unbefriedigenden Zustands weder eine konstruktiv noch bei laufender Produktion zeitaufwendige Lösung umsetzbar war, galt es, das Problem mit möglichst einfachen Mitteln zu beheben. Dazu wurden, ausgehend von der unveränderten Kanalgeometrie (Bild 13), zwei Leitbleche eingebracht (Bild 14), welche die Strömung aus den unteren beiden Zuläufen so beschleunigen, dass die Geschwindigkeiten aller drei Gasströme am Punkt, wo diese zusammentreffen, identisch sind. Durch diese Maßnahme konnte die Geschwindigkeitsverteilung (Bild 15) im Gegensatz zum Ausgangszustand (Bild 11) soweit verbessert werden, dass die Gasströme mit gleichen Geschwindigkeiten aufeinander treffen und sich somit nicht mehr negativ beeinflussen. Auch die Druckschwankungen, die an den in den Bildern 21 und 25 markierten Stellen erfasst wurden, konnten von 250 Pa auf unter 10 Pa reduziert werden. Der vorgeschaltete Ventilator konnte nach Abschluss der Umbauarbeiten problemlos bis zu seiner Nenndrehzahl hochgefahren werden. Das Schwingverhalten hat sich durch die Umbauarbeiten soweit verbessert, dass bei Messungen vor Ort keine Rückwirkungen auf den Ventilatorbetrieb mehr feststellbar waren.
4.2 Optimierung Saugzugventilator
Neben der Optimierung des Ventilators ist auch die Zu- und Abströmsituation von signifikanter Bedeutung für einen störungsfreien Betrieb des Ventilators mit dem maximal möglichen Wirkungsgrad. Ist beispielsweise die Zuströmung aufgrund von ungünstig ausgeführten Umlenkungen oder Querschnittsänderungen ablöse- oder drallbehaftet, so führt dies zwangsweise zu einer Beeinträchtigung des Betriebsverhaltens des Ventilators. Besonders bemerkbar machen sich Störungen im Zu- und Abströmbereich bei Ventilatoren mit besonders hohen Wirkungsgraden > 80 %, da diese, um auf ihre Wirkungsgrade zu kommen, auf eine drallfreie Zuströmung angewiesen sind. Somit ist es absolut sinnvoll, neben der Laufrad- und Gehäuseoptimierung auch die Zu- und Abströmsituation zu untersuchen. Dieser Anwendungsfall beschäftigt sich daher mit der Optimierung eines Ventilatorsaugzuges eines doppelflutigen Großventilators. In Bild 17 ist die Anlagenskizze dargestellt. Das daraus abgeleitete 3D-Modell ist in Bild 18 zu sehen. Besonders auffällig und einer verlustarmen Strömungsführung stark abträglich sind die scharfkantigen Übergänge. Dies zeigt sich auch bei der nachfolgenden Auswertung der Simulation, wo sich bei der Auswertung der Stromlinien (Bild 19) im hinteren Bereich eine großräumige Ablösung zeigt, die instabil ist, d. h. zwischen linker und rechter Seitenwand pendelt und einen Teil des dort abzweigenden hinteren Saugzuges versperrt. Dementsprechend groß sind die Druckverluste wie in Bild 20 am Beispiel des Totaldruckes dargestellt. Vom Eintritt bis zum Ende der ersten Abzweigung beträgt der Druckverlust ca. 260 Pa, vom Eintritt bis zur hinteren Abzweigung sogar 430 Pa wegen der in Bild 19 zu sehenden Ablösung am hinteren waagerechten Kanalende.
In Bild 20 sind die besonders verlustbehafteten Stellen hervorgehoben. Die schwarzen Kreise stehen dabei für ungünstig, weil im vorliegenden Fall zu scharfkantig ausgeführte Querschnittsübergänge, die dafür sorgen, dass die Strömung der Kontur nicht folgen kann und abreißt. Dadurch werden Druckverluste verursacht und somit zusätzliche Kosten für elektrische Energie generiert. Der weiße Kreis hingegen steht für einen strömungstechnisch sehr ungünstig ausgeführten Kanalabschluss. Die Strömung bildet am markierten hinteren Kanalende einen Wirbel aus (Bild 19), welcher mehrere negative Auswirkungen hat. Einerseits werden der Strömung Druckschwankungen aufgeprägt, da der Wirbel, wie bereits beschrieben, von links nach rechts wandert. Weiterhin wird ein Teil des Wirbels vom Ventilator angesaugt (Bild 21, Blick von unten in den Kanal), welcher dadurch stark drallbehaftete Luft verarbeiten muss, was eine Wirkungsgradminderung sowie mechanische Schwingungen (Resonanz) zur Folge haben kann.
Bei der Geometrieoptimierung wurden die in Bild 20 hervorgehobenen kritischen Stellen entschärft und so geformt, dass sich stetige Querschnittsübergänge ergeben. Durch diese Maßnahmen konnte der Druckverlust am vorderen Ventilatorzulauf um den Faktor 4 von 261 Pa auf 66 Pa reduziert werden (Bild 22), während am hinteren Eintritt der Druckverlust wegen des ungünstig geformten waagerechten Kanalendes (Bild 20, weißer Kreis) sogar um den Faktor 6 reduziert werden konnte. Ebenso konnte die stark verdrallte Strömung am Ventilatoreintritt (Bild 21, rote Kreise) deutlich beruhigt (Bild 23) werden, so dass der Ventilator wie geplant arbeiten kann.
Beim Vergleich der Stromlinien von ursprünglicher und optimierter Kanalausführung (Bilder 24 und 25) fällt auf, dass die Ablösungen im Strömungsgebiet vollständig eliminiert werden konnten und dass weiterhin die Strömungsgeschwindigkeit von maximal 70 m/s bei der ursprünglichen Auslegung auf ca. 55 m/s reduziert worden ist, was sowohl zu einem verringerten Drall als auch zu einem geringeren Druckverlust führt. Die Druckverlustersparnis von gemittelt 275 Pa bei einem Volumenstrom von 500 000 m³/h führt zu einer geringeren Leistungsaufnahme. Dabei ergibt sich eine Leistungseinsparung von 49 kW, was bei 24stündigem Betrieb bei einem Strompreis von 10 ct je kWh zu einer Einsparung von ca. 43 000 € an Stromkosten im Jahr führt.
Rein auf die Kanalströmung bezogen hat sich der für den Druckverlust entscheidende Druckverlustbeiwert ζ halbiert.
4.3 Optimierung doppelflutiger Großventilator DHRV 50
Im Rahmen der Einführungsphase der Software ist deren Rechengenauigkeit mittels eines Vergleiches von Simulation und Messung anhand eines Prüfstandsventilators vom Typ HRV 63S überprüft und mit weniger als 1 % Abweichung von Messung und Simulation eingegrenzt worden.
Videos
Die Bedeutung der numerischen Strömungssimulation erschließt sich leicht aus den gezeigten Videos. So setzt die zur Auslegung der Laufräder verwendete Stromfadentheorie voraus, dass beispielsweise die Druckverteilung im Laufrad in Umfangsrichtung gleichmäßig ist, was in der Realität aufgrund der Druck- und Saugseite (vor- und nachlaufende Schaufelseite) nicht der Fall ist. Somit ist es mithilfe der klassischen empirischen Auslegemethoden nicht möglich, ein sauber ausgelegtes Laufrad weiter zu verbessern. Hierzu sind entweder kosten- und zeitaufwendige Versuchsreihen nötig oder aber der Einsatz numerischer Strömungssimulation. Dabei sinkt der Zeit- und Kostenaufwand deutlich, während die Ansprüche an das Know-how des Konstrukteurs wegen der notwendigen Beherrschung der entsprechenden Software massiv ansteigen.
Stromlinien
Die Stromliniendarstellung dient der Strömungsvisualisierung, dabei zeichnet jede einzelne Stromlinie den Weg eines Fluidmoleküls durch den oder die durchströmten Bereiche nach.
Anhand der Verteilung, der Richtung sowie des jeweiligen örtlichen Betrags der Geschwindigkeit ist es dem Konstrukteur möglich, ein umfassendes Bild der strömungsdynamischen Vorgänge innerhalb der betrachteten Grenzen zu erhalten und somit beispielsweise verlustbehaftete Stellen mit Ablösungen und Rückströmungen zu identifizieren und gezielt zu optimieren.
Im Video ist im Laufrad die Relativgeschwindigkeit, der Geschwindigkeitsanteil im Laufrad, welcher sich parallel zur Schaufel bewegt, dargestellt.
Das Fluid strömt in tangentialer Richtung rechtwinklig zur Schaufelaustrittskante aus dem Laufrad ab und beschreibt im Gehäuse eine logarithmische Bahn. Deshalb sind Spiralgehäuse mit hohen Wirkungsgraden stets logarithmisch geformt und die Strömung ist beim Eintritt in die druckseitige Leitung immer drallbehaftet.
Druckverteilung
Die Darstellung der Druckverteilung in Laufrad und Spiralgehäuse ist sinnvoll, um zu überprüfen, ob das Laufrad wie vorgesehen arbeitet und der Druckaufbau im Spiralgehäuse gleichmäßig entlang der Gehäusewand verläuft.
Wie aus dem Video ersichtlich ist, finden etwa 2/3 des Druckaufbaus im Laufrad und 1/3 im Spiralgehäuse statt.
Um die Druckverteilung so gut wie möglich beurteilen zu können, wurde hier die Darstellung der einzelnen Druckbereiche in Bändern (Konturen) gewählt.
Von besonderem Interesse für den Konstrukteur ist dabei der Einfluss der Gehäusezunge (die Stelle im Gehäuse, an der sich die Strömung aufteilt) auf das Strömungsverhalten im Laufrad. Wie im Video zu sehen ist, tritt in dem Laufradsektor, der die Zunge passiert, stets eine leichte Druckerhöhung auf. Sollten diese unvermeidlichen Effekte zu stark ausfallen, ist mit einer Wirkungsgradminderung sowie strömungsinduzierten Lärm zu rechnen.
Im Folgenden werden die ersten Ergebnisse einer laufenden Optimierung eines doppelflutigen Großventilators vom Typ DHRV 50B-2000 vorgestellt. Hierbei handelt es sich um ein laufendes Projekt, in welchem das Optimierungspotential des DHRV 50 insbesondere bei hohen Umfangsgeschwindigkeiten von > 150 m/s ermittelt werden soll. Seit einigen Jahren werden von Kunden immer höhere Druckdifferenzen bei gleichzeitig hohem Volumenstrom angefragt. Diese Anforderungen sind nur zu erfüllen, wenn die Drehzahl und damit die Umfangsgeschwindigkeit des Ventilatorlaufrades angehoben werden. Dadurch erreichen und übersteigen die im Ventilator auftretenden Geschwindigkeiten und Drücke die per Definition für Ventilatoren vorgegebenen Konstruktionsgrenzen von Mach 0,3 bzw. 100 m/s bei einem Druckverhältnis von maximal 1,3. Werden diese Grenzen überschritten, und dies geschieht immer häufiger, so sind mit den klassischen empirischen Auslegungsmethoden für Ventilatoren (nach Prof. L. Bommes oder Dr.-Ing. Bruno Eck) keine maximalen Wirkungsgrade mehr zu erreichen. Mit Blick auf die deutlich gestiegenen Energiekosten sowie die aufgrund der Notwendigkeit, den CO₂ Ausstoß zu reduzieren, kommenden Energieeffizienzrichtlinien müssen höchstmögliche Wirkungsgrade erreicht werden. Dazu sind entweder äußerst kosten-, personal- und zeitaufwendige Versuchsreihen zu planen und durchzuführen oder aber, dem aktuellen Stand der Technik im Strömungsmaschinenbau folgend, CFD-Werkzeuge einsetzbar. Ein großer Vorteil beim Einsatz von CFD bei der Auslegung und Optimierung von Ventilatoren ist der detaillierte Einblick in jeden beliebigen durchströmten Bereich. Viele dieser für den Konstrukteur interessanten Bereiche, wie etwa die Schaufeleintrittskanten, sind messtechnisch gar nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand detailliert einzusehen. Beispielsweise würden Messvorrichtungen im rotierenden Laufrad die Strömung in einer die Messergebnisse verfälschenden Weise beeinflussen oder sind aufgrund ihres Aufwandes nur noch im akademischen Rahmen umsetzbar (Laserlichtschnittverfahren usw.). Um jedoch beim aktuellen Stand der Entwicklung bei Wirkungsgraden jenseits von 80 % noch weitere Verbesserungen umzusetzen, ist eine fundierte Kenntnis der strömungsdynamischen Vorgänge in Laufrad und Gehäuse von essentieller Bedeutung. Aufgrund der Eigenschaft von CFD das Verhalten eines newtonsches Fluides mit numerischen Ansätzen physikalisch korrekt zu beschreiben, ist CFD das momentan effektivste Werkzeug zur weiteren Optimierung von Strömungsmaschinen. Speziell im, dem Ventilatorenbau verwandten Verdichterbau ist der Einsatz von CFD unverzichtbar, um beispielsweise Laufräder mit räumlich verwundenen Schaufeln, gekrümmten Eintrittskanten (Twist) und schräg angestellten Austrittskanten (Rake) zu untersuchen. Das abschließend vorgestellte Projekt behandelt den ersten Schritt der Optimierung eines doppelflutigen Großventilators vom Typ DHRV 50B-2000.
Dazu ist zunächst das 3D-Modell der Saugtasche, des Laufrades sowie des Spiralgehäuses (Bild 26) zu erstellen und im Anschluss daran mit einem Rechengitter zu versehen. Beim Vernetzungsvorgang wird dabei besonders auf eine möglichst gleichmäßige und sich an den auftretenden Strömungsgradienten orientierende Verteilung der Gitterelemente geachtet. So wird beispielsweise das Rechengitter an allen Wänden stark verfeinert (Detail in Bild 27), um die anfangs beschriebene Grenzschicht mit ausreichender Genauigkeit zu erfassen. Beim hier vorgestellten doppelflutigen Großventilator vom Typ DHRV 50B-2000 mit einem Laufradaußendurchmesser von 3,2 m beträgt die Anzahl der Rechengitterzellen sämtlicher Bereiche etwa 8 Millionen Elemente. Wenn, wie beim vorliegenden Fall, stehende und rotierende Bereiche aneinandergrenzen, so müssen diese auch getrennt modelliert und vernetzt werden, da sich das Rechengitter des Laufrades während einer instationären Simulation bei jedem der einzelnen Rechenschritte um einen vorgegebenen Winkel (meist 1-5° in Abhängigkeit von der Schaufelzahl) dreht, während die Saugtaschen und das Spiralgehäuse stehen. Während der Vorgabe der Randbedingungen sind diese Bereiche dann per Interface (Transient Rotor Stator Interface) zu verbinden.
Nach Vorgabe der Randbedingungen (Bild 28), welche eine Drehfrequenz von 893 min-1, eine Druckdifferenz von 8500 Pascal und einen Massenstrom von 145,13 kg s-1 bei einer Prozesstemperatur von 300 °C umfassen, kann der Fall instationär berechnet werden (Bild 29).
Nachdem das vorgegebene Konvergenzkriterium erreicht und die Simulation beendet worden ist, folgt die Auswertung. Bild 30 stellt die Stromlinien in Laufrad und Gehäuse dar. Jede Stromlinie zeichnet dabei den Weg eines einzelnen Fluidteilchens durch das gesamte Rechengebiet nach. Die Farbe der Stromlinie steht dabei für die lokale Geschwindigkeit des Fluidteilchens. Mit Hilfe der Stromliniendarstellung ist es dem Konstrukteur möglich, besonders verlustbehaftete Stellen mit übermäßig hohen Geschwindigkeiten oder zu scharfen Umlenkungen aufzufinden. Weiterhin kann so überprüft werden, ob beispielsweise die Laufradbeschaufelung oder die Gehäusezunge (die Stelle, an der die Strömung aufgeteilt wird) wie in der Auslegung geplant angeströmt werden.
Neben den Stromlinien ist die Darstellung der Strömungsvektoren ein sehr geeignetes Mittel, um das Verhalten einer technischen Strömung zu visualisieren. An den Vektoren lässt sich neben dem Betrag der Geschwindigkeit auch deren Richtung ablesen. Besonders bei Ablösungen ist dies von großer Bedeutung. In Bild 31 sind die Vektoren an der Laufradeintrittskante abgebildet. Bild 32 zeigt die Strömungsvektoren an einer der strömungstechnisch kritischsten Stellen des Gehäuses, der Gehäusezunge, an der die Strömung aufgeteilt wird. Hierbei ist es von herausragender Bedeutung, dass sich die Strömung so wie in Bild 32 mittig an der Zunge aufteilt. Ist dies nicht der Fall, so ist mit Wirkungsgradeinbußen, Schwingungen sowie einem erheblich gesteigerten Schalldruckpegel zu rechnen.
In Bild 33 ist die Druckverteilung in Laufrad und Gehäuse sowie im rechten Bild auch in den Saugtaschen abgebildet. Anhand der Druckverteilung lässt sich erkennen, dass ca. zwei Drittel der Druckerhöhung im Laufrad und etwa ein Drittel im Gehäuse, welches somit als Sammelraum und Diffusor arbeitet, stattfinden. Die nicht völlig homogene Druckverteilung am Gehäuseumfang vollständig zu vergleichmäßigen ist eines der Ziele der noch laufenden Optimierung des Ventilatortyps DHRV 50B.
Das im Gehäuse vorhandene Optimierungspotential kann auch mittels der in Bild 34 gezeigten Stromlinien nachvollzogen werden. Um die Stromlinien leichter beurteilen zu können als dies anhand von Bild 30 möglich ist, wurden diese als 2D-Stromlinien auf eine mittig im Gehäuse eingefügte Ebene projiziert. Es ist gut zu erkennen, dass die Geschwindigkeiten im Bereich der Zunge (roter Kreis in Bild 34) leicht überhöht sind und dass das Fluid nicht völlig logarithmisch abströmt (schwarzer Kreis). Um das Optimierungspotential an diesen Stellen zu erfassen, werden momentan verschiedene Konstruktionen simuliert und verglichen. Beispielsweise wird die Gehäusebreite in mehreren Schritten variiert, um die Strömung zu verbessern sowie Material einzusparen und die Konstruktion leichter zu gestalten. Nach Abschluss dieser Testreihe wird die logarithmische Funktion, mit der der Gehäuseumfang konstruiert wird, in mehreren Schritten überprüft, um eine verbesserte Strömungsführung zu erreichen. Neben dem Gehäuse, welches das größte Optimierungspotential enthält, wird auch das Laufrad untersucht. Eine Möglichkeit, welche die Software erst seit kurzem offeriert, ist Variablen in vorzugebenden Bereichen als Volumen darstellen zu lassen. So ist in Bild 35 der Totaldruck im Laufrad in einem Bereich von -4000 bis -6000 Pascal abgebildet. Die Form, welche die einzelnen Volumina dabei annehmen, kann in sehr gute Übereinstimmung mit Fotos von Anhaftungen bei Laufrädern (Bild 36), die staubbehaftete Medien fördern, bringen. Werden diese Bereiche gezielt bezüglich einer homogeneren Totaldruckverteilung optimiert, so ist auch mit einem verbesserten Anbackungsverhalten sicher zu rechnen.
5 Fazit und Ausblick
Innerhalb eines Jahres nach der Versuchsphase konnte sich CFD bei Venti Oelde vollständig etablieren. Neben der Hauptaufgabe, Ventilatoren sowie deren Zu- und Abströmgebiete zu optimieren und neu zu entwickeln, wird die Software auch in bedeutendem Maße im Anlagenbau eingesetzt, da neben der reinen aerodynamischen Begutachtung einer Strömung auch die Möglichkeit besteht, Mischvorgänge oder Wärmeübergänge und -verteilungen zu berechnen.
Im Strömungsmaschinenbau hat sich CFD innerhalb weniger Jahre zu einem unverzichtbaren Bestandteil bei der Optimierung und Neukonstruktion von Strömungsmaschinen sowie der Behebung von strömungsmechanischen Problemen am Einsatzort entwickelt.